Tagebuch der Lustbarkeiten: Athen

Den für heute geplanten Athenbummel mit einer Freundin musste ich allein machen, denn die Freundin war schon auf dem Absprung zum „Dorf“. Alle, die wie sie irgendwo ein „Dorf“ haben, verschwinden während der Osterferien aus Athen. Da sie Lehrerin ist, war heute der letzte Schultag. Und ab geht die Post.

Für viele andere war heute offenbar der letzte Tag, um noch schnell was zu besorgen. Entsprechend heftig war der Autoverkehr. Und auch die Metro war brechend voll. Dazu kam, dass die Sonne, die tagelang hinter Saharasand verborgen war, nun mit voller Kraft nachholte, was sie versäumt hatte. Es war heiß, und meine Augen tränten – von Müdigkeit, Sand, Ozon? ich weiß es nicht. Dennoch war es ein schöner und auch nützlicher Ausflug.

Denn erstens besuchte ich eine Freundin, die in einem eng bebauten Stadtteil unterhalb der Akropolis wohnt. Zum Glück geht ihre kleine Wohnung auf eine stillgelegte Straße, und von ihrem Balkon aus schaut man auf einen kleinen Park. Auch haben die Bewohner auf der gegenüberliegenden Straßenseite ihren Balkon tüchtig bepflanzt. Und so lässt es sich aushalten.

Ich brachte ihr eine Flasche von unserem Mani-Öl (sie stammt väterlicherseits aus der Mani, hat aber kein eigenes Öl) und erzählte ihr von meinem neuen Hobby: Paneurythmie-Tanzen. Sie war von dem Video sehr angetan und will nun auch beginnen, zumal die Athener Tanzgruppe sich ganz in ihrer Nähe auf dem Musenhügel trifft. 

Anschließend begab ich mich mit dem „Elektriko“ (der ältesten Metro-Strecke) zum Thesseion (Opfertempel). Es ist nur eine Station und eine besonders schöne Region der Athener Innenstadt. Von hier aus kann man über die lange Fußgängerstraße des „Apostel Paulus“  zum antiken Theater Herodion Attikou oder auch durch das Altstadtgewimmel nach Monastiraki wandern. Ich aber wollte nur mal schauen, was in der zeitgenössischen international aufgestellten Galerie Eliades-Bernier zu sehen ist. Skupturen des Belgiers Martin Margiela. Dafür brauche ich einen eigenen Eintrag.

Ich nahm nun erneut den Elektriko bis zur Station Monastiraki und stieg in die Metro um, die drei Stockwerke tiefer unterwegs ist. Ich wollte zur Hauptpost am Verfassungsplatz, um die zweimal aus Deutschland zurückgeschickte Bildersendung nun von dort aus zu expedieren – in kleinerem Format. Nur wenige Kunden warteten, dennoch dauerte es lange, bis ich endlich dran kam. Ich hoffe sehr, dass es diesmal klappt.

Vom Verfassungsplatz ist es zu Fuß nicht weit zur Theoharakis-Stiftung, die auf drei Stockwerken wechselnde Ausstellungen bekannter griechischer Maler zeigt. Die laufende Ausstellung zeigt einen Maler des beginnenden vorigen Jahrhunderts, der zu den „Impressionisten“ gezählt wird, aber einen ganz eigenen Stil ausgebildet hat. 

Über diese Ausstellung berichte ich ebenfalls in einem eigenen Eintrag.

Die nächste und letzte Station meines heutigen Athen-Ausflugs erreichte ich erneut zu Fuß: das Museum für Byzantinische und Christliche Kunst. Erschöpft ließ ich mich an einem Tisch des Gartenlokals fallen. Immer wieder steuere ich diese Oase im Athener Getümmel an. Man kann dort schmackhafte kleine Speisen bestellen oder auch Kaffee und Kuchen, vor allem aber kann man sich erholen. Denn unterhalb des eindrucksvollen Museums dehnt sich ein wohlgestalteter Garten, der ans Lykeion – die Schule des Aristoteles – angrenzt. Bis meine Bestellung kam – Risotto mit feinen Pilzen – verging sicher eine Stunde. Die Kellnerin entschuldigte sich wortreich für die lange Wartezeit, die mir gar nicht aufgefallen war, der Chef kam und verkündete, dass Brot und Wein auf Kosten des Hauses gingen, und als ich schließlich ein großes Trinkgeld daließ, wurde mir auch noch ein Espresso spendiert.

Diese freundliche Bedienung machte mich so heiter, dass ich völlig gestärkt noch einen Bummel durch den ausgedehnten Museumsgarten mit seinen Statuen, seinen Rosen und dem duftenden Agioklima (Geißblatt), den riesigen Eukalyptusbäumen und Kopien byzantinischer Kunst anschloss. Ein Theater gibts dort auch – keine Ahnung, ob es auch bespielt wird.

 

 

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Tagebuch der Lustbarkeiten: Besuch in der Brandzone – 6 Jahre danach.

Im Sommer 2018 hatte ein fürchterliches Feuer in Ost-Attika 103 Todesopfer gefordert. Tausende Häuser verbrannten. Meine Schwägerin und ihre Familie kamen davon, ihr Haus war nur angesengt, aber der Pinienwald rundum war tot. Ich berichtete darüber (hier)

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und wie der Sohn der Familie, der Künstler Vasilis Botoulas, mit der Katastrophe umging (hier). Heute machten wir dort mal wieder einen Besuch. Mit Geschenken von Freunden und selbst hinzugekauften Pflänzchen ist schon vieles neu begrünt. Da dort oft sehr starke Winde wehen, müssen die Bäumchen gut verankert werden, damit sie standhalten. Und so ist eine kleine grüne Oase rund um das frisch geweißte, hübsche Häuschen entstanden.

Es wäre übertrieben zu sagen, dass die Gegend geheilt ist. Nein, das ist sie ganz und gar nicht. Schuld daran ist nicht die Natur, die sich nach Kräften bemüht, die Wunden zu schließen, sondern wieder einmal der Mensch. Denn das ganze Vorgebirge des Pendelikon ist Spekulationsgebiet. Die Hässlichkeit der ohne Stadtplan auf die Hänge gestellten mehrstöckigen Häuser wurde durch den Brand brutal aufgedeckt. Und leider ist die Bautätigkeit auch seither nicht zur Ruhe gekommen. Nur wenige Flächen blieben verschont und sind mit blühender Macchia bedeckt.

So schön ist die Macchia von Nahem gesehen.

Aber nun. Die Menschen bauen, wie sie wollen und können,…

und man darf dankbar sein, wenn sie ein paar Bäume und Blumen in ihre Vorgärten pflanzen, um das Auge zu trösten.

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Aus alten Tagebüchern: Jackson Pollock (Kunst, 1)

Ich probiere mal aus, ob es Sinn macht, frühere Eintragungen aus meinen handschriftlichen Tagebüchern hier abzuschreiben. Den Fluss der Gedanken und Ereignisse will ich nicht rekonstruieren, aber vielleicht diese und jene Beobachtung, Erfahrung, Idee aus dem Kontext herauslösen und unter einen Titel stellen. Der erste Titel wäre: Kunst. 

In diesen Tagebuch-Notizen scheint auf, wie ich Impulse von außen aufnehme und verarbeite, mir nur halb bewusst, selbst wenn ich es aufgeschrieben habe. Die Textstelle ist vom 4.10.2001 und beschreibt eine TV-Doku über Jackson Pollock. Zwei Tage später, am 6.10., schreibe ich über eigene Kunstproduktion, ohne Bezug auf Pollock zu nehmen. Doch mir scheint, dass dieser Bezug existiert.

4.10.2001: Nach Haus kam ich um 9.30, aß mit P zu abend und hockte mich vors TV: ein Jackson-Pollock-Film. Man sah Pollock bei der Arbeit: die harten und zarten Bewegungen, mit denen er die Farben auftrug! Ich empfand die Intensität seines Wesens, die nur zeitweise im Arbeiten einen Ausweg fand, sehr stark und geschwisterlich. Er ertränkte diese Intensität in Unmengen von Alkohol. War das fünfte Kind einer armen Familie, Vater haute ab, Mutter zog ihn fast allein auf. Ein schöner junger Mann, aber von schrecklichen Spannungen heimgesucht, die sich in ständigen Streitereien mit den Mitmenschen Bahn brachen. Nur eine Frau, moderne Malerin, die damals weit bekannter war als er, rettete ihn eine Weile vor sich selbst. Zuletzt versagte auch die Kunst, er verfiel schnell und starb bei einem Unfall/Selbstmord. Hinterließ diese wunderbare Tröpfelwelt, die den Blick der Menschen veränderte, in die Tiefenstrukturen hinein. 

Zwei Tage später, am 6. Oktober 2001, notiere ich etwas über meine eigene damalige Kusntproduktion:

Vorher hatte ich gemalt bzw Bilder zusammengeklebt und -geschmiert, eine ganze Menge, ich glaube 6 Stück. Ein Rekord. Quantitativ ein Durchbruch. Nun muss ich schauen, was es ist.  Alles ist „overall“* – zeichenhaft: schwebend, stürzend, wogend, treibend. Eines (…) ein merkwürdiger sehr bewegter und etwas bedrohlicher „Figurentanz“, ein anderes „Träume, ach!“ ist treibendes Eis, dazwischen rote Blüten. Es gibt auch (…) ein wüstes blau-rotes Bild auf der Grundlage von Börsenkursen („greed“). …


 

*Die Bilder, die ich damals herstellte, sind overall in dem Sinne, dass die Oberfläche in alle Richtungen gleich behandelt wird, also weder zentrale Elemente noch Vorder-Hintergrund, Links-Rechts, Oben-Unten eine spezifische Wirksamkeit entfalten sollen. Welche Bilder es genau waren, weiß ich nicht mehr. Das erste könnte „Träume, ach!“ sein. Ich finde, dass es einen starken Einfluss von Pollocks Malerei gibt, der mir aber damals kaum bewusst war. (Vergleiche hier)

Noch ein paar Beispiele:

 

 

 


 

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Tagebuch der Lustbarkeiten: alte Tagebücher lesen

Seit vielen Jahren schreibe ich Tagebuch. Gestern räumte ich ein Fach meines Arbeitszimemrs leer, in dem sich handgeschriebenen Tagebücher stapeln. Ich weiß nicht, was ich damit tun soll. Noch mal lesen? Oder gleich entsorgen?

Ich machte ein Tagebuch auf und sah, dass es ein Geschenk einer Freundin war. Hallo Ingrid! Und der Berichtszeitraum ist 1.10.2001-30.11.2002.

Ich schrieb damals per Hand, trotz der mühsamen Handschrift (umgeschulte Linkshänderin). Jeden Morgen, bevor ich irgendetwas anderes tat, schrieb ich drei Seiten. Das hatte ich einer Anleitung in irgendeinem Lebensberaterbuch entnommen. Manchmal schäumen die Worte, manchmal tröpfeln sie, mal fließen sie sanft und ruhig, dann wieder mit Stromschnellen. Ich las und der Rhythmus nahm mich mit.

Viele der Menschen, von denen die Rede ist, sind nicht mehr am Leben oder sie sind sonstwie aus meinem Leben verschwunden. Einige sind noch da. Und viele, mit denen ich heute Umgang habe, sind noch gar nicht aufgetaucht. Denn damals lebten wir ständig in Maroussi, das Haus in der Mani war noch nicht gebaut.

Was die Gedanken, Fragen, Klagen anbetrifft, so sind sie sich ziemlich ähnlich geblieben über einen Zeitraum von über zwanzig Jahren. Nur weniges habe ich endgültig ad acta legen können. An ihre Stelle sind seither sehr viel mehr neue Fragen und Klagen getreten. Es ist wie mit der Hydra, der man einen Kopf abhaut, nur um zu sehen, dass sieben Köpfe nachwachsen.

Daneben habe ich auch über viele Ereignisse berichtet, die noch von Interesse sein könnten. Vielleicht mache ich eine neue Rubrik: Aus alten Tagebüchern und rette so das eine und andere über die Zeit. Wegwerfen werde ich sie jedenfalls vorerst nicht.

 

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Tagebuch der (Un)Lustbarkeiten: Fisch, Wüstenstaub und Postversand

Köstlich schmeckte der Fisch, den mein Mann heute Mittag zubereitete. Und der gekühlte Weißwein hob die Stimmung.

Ansonsten war der Tag etwas schwierig, denn der Staub aus der Sahara hat uns fest im Griff. Eben sah ich ein Foto von der Bucht von Kalamata (gruselig). In Athen ist es natürlich nicht besser. Der Unterschied ist, dass man hier sowieso nicht so viel vom Himmel sieht.

Wenn man die Rosen und die Pinie des hinteren Balkons mit aufs Bild nimmt, sieht es nicht ganz so gruselig aus.

Da ich bei dem Wetter nicht in die Stadt fahren mochte, beschäftigte ich mich mit einem anderen nicht gerade lustvollen Thema: Zum zweiten Mal ist ein Bilderversand nach Deutschland gescheitert und an mich zurückgegangen. Auf dem Vordruck sind „zu großes Format“ und „fehlende Zollerklärung“ als Rücksendegrund angekreuzt. Allerdings hat die griechische Post das Format nicht bemängelt, und Zollerklärungen sind im EU-Postverkehr meines Erachtens nicht erforderlich. Die hiesigen Postbeamten zuckten mit den Achseln, als ich nach den Gründen fragte, und so zog ich ab, froh, dass das Paket samt Inhalt unbeschädigt war. Ich schnitt es auf, nahm das zu große Bild raus und suchte ein kleineres aus der Clownsserie. Nun hoffe ich, dass zusammen mit den Zeichnungen ein neues Paket zu schnüren ist, das dann auch endlich ankommt.

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Dienstags-Drabble: Konfirmation als Realsatire

Grinsekatz lädt wieder zum Drabble – Drei Worte für Dienstag, den 23.4.2024. Zu schreiben ist ein Text von genau 100 Wörtern, darunter die Wörter: Realsatire, nassforsch, entweihen.Überschriften zählen nicht mit.

 

Es muss im Jahr 1955 gewesen sein. Ich war 13 und besuchte wie alle meine Klassenkameraden den evangelischen Konfirmandenunterricht. Der Unterricht war eher ein Gaudi, denn an der christlichen Glaubenslehre war niemand von uns „Heiden von Kummerow“ ernsthaft interessiert. Eines Tages schlichen wir uns – ich ein wenig beklommen, denn ich spürte wohl, dass wir dabei waren, ein Sakrament zu entweihen – in die Sakristei. Ein nassforscher Knabe hatte uns dazu verführt, verschwörerisch hatte er kundgetan, dass man uns einen besonderen Abendmahlwein kredenzen würde.  Jetzt zog er die Flasche aus dem Schränkchen und schrie triumphierend: „Kröver Nacktarsch“. Eine Realsatire, die ich nie vergessen konnte.

 

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Tagebuch der Lustbarkeiten: durch Maroussi spazieren

Wenn ich nicht in der Mani bin, bin ich in Maroussi, meinem ersten Wohnsitz. Maroussi gilt heute als „nördlicher Vorort“ von Athen, ist aber eine unabhängige Stadt mit ca hunderttausend Einwohnern, vielen großen überregionalen Einrichtungen, darunter auch das Olympische Stadion, wo 2005 die Spiele ausgeführt wurden, und einem ausgedehnten Stadtwald, den der Reeder Syngros den Bewohnern spendete. Historische Quellen nennen den Ort schon seit 2500 Jahren, da er schon damals einer der Orte für die Ausführung der Olympischen Spiele war. Wegen seines guten Klimas war er während der römischen Besatzungsjahre sehr bei römischen Adligen beliebt, und später  waren es osmanische Herrschaften, die sich hier zwischen Öl- und Weinplantagen einrichteten.

Nun aber ist es eine Stadt, die aus den Nähten platzt. Die ehemals ein- bis zweistöckigen Häuser weichen 5–stöckigen, die Weinberge sind verschwunden. Dennoch hat sie immer noch einen gewissen Charme, und ich lebte gern hier,

Gestern bummelte ich bei glänzendem Licht durch den Stadtwald und die angrenzenden Wohngebiete. Ich fotografiere ein paar typische Ecken: ein Gemisch aus Hochhaus, übrig gebliebenen Häuschen und viel Grün.

Ich freue mich immer an den Vorgärten der kleinen und großen Häuser, bleibe oft stehen.

Immer noch gibt es Baulücken zwischen den Häusern. Manche Häuser sind so nahe am unbebauten Grundstück gebaut, dass sie ander Seite kein Fenster haben dürfen. Das neue Haus kann dann an die Brandmauer des älteren angebaut werden. Wo eine Baulücke war…

erheben sich dann in Kürze villenartige Reihenhäuser mit Vorgärten und Blumenschmuck. Wenngleich Reihenhäuser, ist doch jedes Haus anders. Der architektonischen Fantasie sind keine engen Grenzen gesetzt.

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Fabel von einem Mann, der ins Paradies kommen wollte (abc-etüde)

Dies ist meine vierte abc-etüde mit den von Christiane aktuell gespendeten Wörtern Fingerhut – fluchen – süßlich. Genaueres über diese Art von Etüden findest du hier. 

Die Idee zu dieser Etüde kam mir, als ich das mittlere Bild machte (hier).

Leise fluchte er vor sich hin. Da hatte er sich nun solche Mühe gegeben, das Kamel in immer kleinere Stücke zu schneiden, bis es tatsächlich in einen Fingerhut passte, nur um zu erfahren, dass die gestellte Aufgabe ganz anders lautete. Es sollte durch ein Nadelör passen!

Was nun?

Sollte die ganze Arbeit umsonst gewesen sein?

Zu allem Überfluss begann das zerstückelte Kamel süßlich zu riechen.

Der Mann, von dem hier die Rede ist, war nicht eigentlich gläubig, aber er hatte von einem heiligen Buch gehört, das ein Rezept enthielt, wie man ins Paradies komme. Durch einen Übertragungsfehler aber stand in seiner Anweisung „Fingerhut“ statt „Nadelöhr“. Zwar gehören beide zu den Utensilien von SchneiderInnen und beide sind klein, aber das macht sie noch nicht zu Gleichen. Du wirst ja auch nicht eine Banane mit einem Schnuller gleichsetzen wollen, bloß weil man beide in den Mund stecken kann, oder?

Kurzum, was soll der arme Mann jetzt tun? Aufgeben? Das Kamel wieder zusammensetzen und um Vergebung bitten? Eine Methode finden, die Schnipsel zu einem Faden zu verspinnen, der durchs Nadelöhr passt?

Während der Mann noch grübelt, sammelt das Kamel seine Siebensachen zusammen: Hier ein Bein, dort ein Bein, und da noch zwei, einen Bauch, zwei Höcker, einen Hals. Wo aber ist sein Kopf?  Kurz entschlossen nimmt das Kamel dem Mann seinen Kopf weg, um ihn sich selbst aufzusetzen.

Und so stolziert es davon, ohne auf das Wehgeschrei des kopflosen Mannes weiter zu achten. Die Geier positionieren sich bereits auf den Anhöhen und Baumwipfeln, während die Hitze steigt.

 

Und nun bist du dran. Wo ist das Kamel und wo der Mann? Wo das Nadelöhr und wo der Fingerhut? Du siehst sie nicht? Dann mach sie dir! Denn ohne diese kommst du niemals ins Paradies.

290 Wörter

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Tagebuch der Lustbarkeiten: Schnipselspielerei und tägliches Zeichnen

Auf dem Tisch meines Arbeitszimmers liegen noch Schnipsel vom letzten Aufenthalt herum. Besonders eindrucksvoll sind sie nicht, halt ziemlich unansehnliche Fetzen bemalten Papiers. Ich ziehe sie ein bisschen auseinander und umziehe sie nachdenklich mit einem blauen Filzstift, der dort auch herumliegt.

Dabei denkee ich an einen Versuch mit Susanne Hauns Schnipseln, den ich im vergangenen Oktober machte (Katzen-Vernetzung, Schnipselvernetzung fortgesetzt), und suche nach Linien auf meinen Schnipseln, um sie mit einem Stück Kohle auszuziehen. Nach Entfernung der Schnipsel zeigt sich folgende Zeichnung:

Natürlich, wie kann es anders sein, haben sich in dem Lineament ein paar Gestalten versteckt.

Ich aber bestehe heute auf ungegenständlich! Also nehme ich wieder die Kohle zur Hand und umzingele die blauen Formen, finde hellgrüne Wachskreide und gelbe Pastelkreide … und fertig ist mein abstraktes Gemälde. Allerdings kann ich beim genaueren Hinschauen nicht umhin, erneut Figuren zu entdecken. Und schon zeigt sich eine Idee für eine abc-etüde. Die will ich gleich mal aufschreiben.

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Was sind das für Insekten? (kleine Anfrage bei Insektenkundigen)

Heute sah ich, dass die gelben Margeriten, die jetzt überall an den Wegrändern blühen, von glänzenden Käfern besucht werden. Was mag das wohl für ein Tier sein?

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